Kollisionskurs

Die verbreitetsten Jagdformen bei den Gesellschaftsjagden sind die Drückjagd und die Treibjagd. Aber wo ist eigentlich der Unterschied?

Um es ganz grob zu definieren: Eine Jagd auf Nieder- und Raubwild mit der Flinte im Feldrevier wird allgemein als Treibjagd bezeichnet, eine Jagd auf Schalen- und Raubwild mit der Büchse als Drückjagd.

Während die Definition der Begriffe erstmal nur auf wenig Unterschiede hindeutet, unterscheiden sich Treib- und Drückjagden in der Praxis deutlich, was aber heute gar nicht Thema sein soll, sondern eine kleine Geschichte von meiner zweiten Treibjagd auf Fasan und Raubwild…

Wir kämpfen uns schon den ganzen morgen mit den Hunden durch verschiedene Felder und versuchen Fasanenhähne auf die Schwingen zu bekommen, um diese dann mit Schrot zu erlegen. Je nach Feld geht das mehr oder weniger gut, ist mehr oder weniger Arbeit, man kann sagen, dass der Schwierigkeitsgrad eines Feldes sich nach der Art des Bewuchses richtet.

Rübenacker sind recht gut zu durchlaufen, gerade wenn du dir die Fahrspur des Treckers suchst. Auch Wildacker sind kein großes Problem, selbst wenn sie dicht bewachsen sind, wächst dort meist nichts mit dicken Stängeln dicht an dicht. Nur die Disteln zwicken gelegentlich ein wenig, aber eine solide Jagdhose hilft da ungemein.

Unsere Nemesis ist ganz klar der Senf.

Senffeld
Ich bevorzuge Senf neuerdings nur noch in seiner streichfähigen Form.

Senf ist nicht ganz so schlimm wie Raps – der jetzt aber eh schon längst nicht mehr steht – aber wenn der Senf “gut im Futter ist”, dann ist es sehr anstrengend durchzugehen. Die festen langen Stängel schlingen sich um die Gummistiefel und du musst die Füße immer wieder davon befreien. Es fühlt sich teilweise so an, als würde man durch Schlick waten.

Was mir meine Muskeln am Abend mit Muskelkater quittieren, bietet aber für viele Wildarten gute Deckung. So scheuchen wir im Senf immer mal wieder – neben den Fasenenhähnen und Hennen – Feldhasen, Füchse und einmal sogar einen Dachs auf. In vielen Senffeldern findet sich auch Rehwild, das meistens zu den Seiten abspringt, wenn es von der Treiberwehr hoch gemacht wird. So auch dieses mal.

Es ist wieder im Senf, wir sind schon gut beim ersten Drittel des Feldes, ich gehe an der linken Seite, vielleicht 50 Meter vom äußeren Rand des Feld entfernt, als von weit rechts wieder mal “REH!” erklingt. Soweit nichts ungewöhnliches, bis ein Mitjäger in der Mitte der Treiberwehr mir “Achtung!” zuruft. Ich drehe mich nach rechts und jetzt musst du dir bitte die Musik eines schlechten Horrorfilms dazu denken.

Wenn es nicht zu windig ist, dann sieht man im Senf oft an den Bewegungen der Stängel, wo sich Wild bewegt. So ist es auch jetzt. Nur leider ist die Bewegung sehr heftig, sehr schnell und kommt auch noch genau auf mich zu. Viel zu schnell für einen Hund. Ich sehe nicht was es ist, ich sehe nur, dass die Bewegung der Stängel auf mich zu rast. Wie ein Hai im Wasser. Vierzig Meter. Dreißig Meter. Zwanzig Meter. Zehn. Dann der Einschlag.

Das Stück trifft mich genau an Hüfte und Oberschenkel, prallt nach hinten ab und flüchtet sofort weiter. Verdutzt drehe ich mich nach links, verfolge die Bewegung der Senfblüten mit den Augen, bis sie die Feldkante erreicht und ein Reh auf den daneben liegenden Acker springt und hochflüchtig abgeht. Ich blicke meinen Nachbarn in der Treiberwehr an, wir schütteln den Kopf. Unglaublich. Ich bin erstaunt, dass es nur ein wenig schmerzt, dann gehen wir weiter durch.

Offenbar ist nicht nur für uns der Senf eine Nemesis, sondern auch für flüchtiges Rehwild, weil es schlichtweg nichts mehr sieht und dann unbeabsichtigt auf Kollisionskurs gehen kann. Gut, dass es kein Bock, sondern eine Ricke war: Mit Gehörn wäre das sicherlich schmerzhafter ausgegangen.

Was für ein irres Erlebnis. So nah kommst du dem Wild nur bei der Jagd.

Vollkontakt.

Fuchs mit Maus im Fang

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